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„Weil ich echte Hilfe mit Geldverdienen verbinden kann.“

Linda Kronberg, 29, von der Messe in den Einzelhandel

Um 7 Uhr geht’s los: Dann steht Linda Kronberg gut gelaunt am Eingang der Edeka-Filiale, reinigt Einkaufswagen mit Desinfektionsmittel und wünscht jedem Kunden einen guten Morgen.

„Meine Freunde fanden das witzig und auch spannend, weil ich jetzt in ganz neue Arbeitsbereiche reinschnuppern kann“, erzählt sie. „Meine Eltern haben sich allerdings Sorgen gemacht, weil ich im Supermarkt mit vielen Menschen in Kontakt komme und man ja eigentlich Abstand halten soll. Ich habe aber keine Angst. Ich nutze keinen ÖPNV mehr und trage Mundschutz. Und wir können auch auf Distanz freundlich sein – man muss eben seine Augen sprechen lassen“, grinst sie. Eigentlich arbeitet die 29-Jährige stundenweise beim iGZ-Mitgliedsunternehmen Peppermint Personal in Hannover als Servicekraft und Bartenderin auf Messen und Events, um sich ihr Studium zu finanzieren. Das ist mit ihrem Studium als Eventmanagerin für sie ein Traum-Nebenjob.
 

Corona erfordert Umdenken

Mit der Coronakrise schwanden sämtliche Aufträge im Veranstaltungsbereich und ihr Chef musste umdenken. „Aufgeben ist für mich keine Option“, betont Volker Tolksdorf, Geschäftsführer von Peppermint Event und Personal, und hat nach dem ersten Pandemie-Schock kreative Job-Lösungen für seine Mitarbeiter gefunden. Dabei kommt es ihm zugute, dass sich seine Arbeitskräfte per se durch Flexibilität auszeichnen und unterschiedlichste Qualifikationen vorweisen, weil ungewöhnliche Tätigkeiten und Arbeitszeiten in der Eventbranche zum Tagesgeschäft gehören. Peppermint beschäftigt zum Beispiel Servicekräfte, Bartender, Fahrer und Hostessen für Großevents, die häufig schon früh morgens mit ihrem Einsatz beginnen oder bis tief in die Nacht arbeiten. „Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind auch unter hohen Belastungen noch gut gelaunt, das ist eine Voraussetzung in der Veranstaltungsbranche“, erläutert der Diplompädagoge.
 

Alternativen im Blick

Linda Kronberg stand vor dem Problem wie sie ihr Studium finanzieren sollte und war froh als Peppermint Personal Alternativen bot. Sie erklärte sich sofort bereit, in einer Edeka-Filiale als Regaleinräumerin zu arbeiten. „Am 13. März kam von unserer Uni die Nachricht, dass wir nicht mehr kommen sollten. Kurz vorher war eigentlich klar, dass Peppermint für mich nichts mehr zu tun hatte. Aber zwei Tage nach der Unischließung kam von meiner Personaldisponentin die erlösende Info, dass wir neue, ganz andere Jobs machen könnten. Ich wollte unbedingt in eine Schicht und habe mich gefreut, dass es geklappt hat“, so Kronberg. Kurz darauf stand sie vormittags vier Stunden in der Edeka-Filiale und half dem Stammpersonal, neue Ware einzuräumen. „Das war anfangs superstressig. Einige Waren hatten Lieferengpässe und die hamsternden Leute waren ziemlich ungeduldig. Wir Aushilfen haben Wetten darüber abgeschlossen, wie lange es dauert, bis das Klopapier weg ist“, erinnert sie sich. Auf die Frage an die Edeka-Kollegen wie man das aushalte, antworteten diese, dass man sich daran gewöhne und mit der Zeit genervte und unhöfliche Kunden überhöre. „Meine Kollegen vom Stammpersonal waren sehr entspannt und mit viel Elan bei der Sache. Wir alle hatten täglich mit ganz unterschiedlichen Kunden zu tun: sehr nette und dankbare, aber auch echte Egoisten. Da lernt man für’s Leben“, berichtet sie.
 

Vom Regal an den Einlass

Mittlerweile haben sich die Warenlieferungen in den Supermärkten wieder eingependelt und die Bevölkerung bevorratet sich nicht mehr übermäßig. Deshalb wurde Linda Kronberg in ihrer fünften Arbeitswoche bei Edeka von der Regaleinräumung an den Supermarkt-Eingang „versetzt“ und macht die Einlasskontrolle. Die Marktleitung ist begeistert von ihr, weil sie einen viel sympathischeren Eindruck als das häufig übliche Security-Personal macht. „Ich trage aber auch ein Headset und natürlich Schutzhandschuhe und eine Gesichtsmaske. Je nach Temperatur beginne ich meistens im Laden und stelle mich dann später nach draußen. Es ist interessant zu beobachten wie die Menschen mit der Krise umgehen: Manche sind entspannt und freundlich, andere hysterisch. Man erfährt viel Wertschätzung, aber auch das Gegenteil. Die meisten Kunden freuen sich aber über einen netten Empfang im Supermarkt“, erzählt sie.
 

Und persönlich?

Auf die Frage, was die Coronakrise mit ihr persönlich macht, sagt die Studentin: „Ich bin vielleicht etwas ruhiger geworden. Ich muss nicht mehr auf jeder Hochzeit tanzen und brauche dabei kein schlechtes Gewissen zu haben. Ich steigere mich nicht in die Pandemie rein und habe den Lockdown als Chance gesehen, etwas Gutes zu tun. Dabei bin ich sehr diszipliniert, was den Schutz und die Kontaktbeschränkungen angeht. Auf ihren Nebenjob bezogen resümiert sie: „Ich mache diese Arbeit sehr gerne und unterstütze Deutschland in der Krise. Und gleichzeitig verdiene ich gutes Geld.“ (JR)

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